Oh Weiher

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„Ich glaube, ich gehe morgen früh zum Weiher am Lehrpfad“ höre ich mich zu meiner Frau sagen. Eine spontane Entscheidung, es endlich mal zu machen. Das Motiv steht schon lange auf der Liste meiner Serie „Rund um Hünsborn“, aber oftmals sind es irgendwelche Ausreden, die mich an der Umsetzung hindern. Nicht so an diesem Samstagmorgen. Meine Uhr weckt mich um 5 durch Vibration. Ich steige vorsichtig über das neben mir liegende Kind, um es nicht zu wecken. Ein Blick aus dem Dachfenster, der Himmel ist so klar wie vorausgesagt. Somit rückt eine Ausrede diesmal glücklicherweise in weite Ferne.

Auch wenn mein Ziel recht schnell zu Fuß zu erreichen wäre, lade ich meine Fotoausrüstung ins Auto. Sonnenaufgang ist um 6:01 Uhr und um rechtzeitig vor Ort zu sein, hätte ich entweder noch früher aufstehen oder auf meinen Kaffee verzichten müssen. Letzteres ist keine Option.

Ich stelle das Auto auf einem nicht weit entfernten Parkplatz ab und setze meinen Rucksack auf. Zu Hause hatte ich noch schnell nach der Stirnlampe gegriffen. Der Weiher ist von Bäumen und Gebüsch umgeben, dort könnte es auch zu Beginn der Dämmerung noch dunkel sein. Aber natürlich waren die Batterien leer und auf die Schnelle kein Ersatz greifbar. Also laufe ich mit dem Stativ in der einen und der langen Stablampe in der anderen Hand los.

Nach der Hitze der letzten Tage ist es heute Morgen mit 9 Grad sehr kühl. Wie gut, dass ich mich für den dicken Pullover entschieden habe. Mein Blick wandert über die Felder. Leider ist kein Bodennebel zu sehen. Was genau mich an dem Weiher erwarten wird, weiß ich nicht. Mit der App Photopills habe ich geprüft, aus welcher Richtung die Sonne über den Weiher scheinen wird. Ob das allerdings mit den Bäumen ringsum klappt, kann ich nicht sagen. Aber um das herauszufinden, bin ich heute Morgen hier.

Nach der ersten Kurve komme ich an einem ersten Teich vorbei. Dieser ist jedoch eingezäunt und der Besitzer macht durch mehrere Schilder klar, was er von der Anwesenheit anderer Menschen hält. Doch was sehe ich aus dem Augenwinkel? Tatsächlich, es steigt Nebel über dem Wasser auf. Mein Herz macht einen kleinen Freudensprung. Das können wahrscheinlich nur Fotografen nachvollziehen.

Nach weiteren 200 Metern erreiche ich mein Ziel. Der Zugang, den wir sonst bei Familienausflügen genommen haben, ist mittlerweile zugewachsen. Also wieder ein paar Meter zurück, dort gibt es noch einen anderen Weg. Auch hier steigt kontinuierlich Nebel aus dem Wasser empor und zieht in Richtung der gegenüberliegenden Seite. Das sind doch schon mal gute Voraussetzungen!

Es ist 5:43 Uhr, als ich meine Ausrüstung aufgebaut und ein paar erste Testfotos gemacht habe. Nun heißt es warten. Ich lausche der Natur. Ab und zu springt ein Fisch an die Oberfläche. Plötzlich wird die Stille von einem Schuss durchbrochen. Dann noch einer. Und dann in kurzem Abstand sicherlich 8 bis 10 weitere Schüsse. Also entweder ist der Jäger ein wahrlich schlechter Schütze oder er hat es mit einer ganzen Herde Wildtiere aufgenommen. Wildgänse ergreifen laut schnatternd die Flucht in die Luft. Vielleicht waren auch ihre Gefährten gerade das Ziel der morgendlichen Jagd?

Hinter den Bäumen wird es langsam von Minute zu Minute heller. Immer wieder passe ich die Belichtungszeiten an, spiele mit Belichtungsreihen und prüfe die Ergebnisse am Kameradisplay. Und dann passiert, was ich mir erhofft hatte. Die Sonne durchbricht einige Lücken im Laub eines Baums und bricht sich am Nebel. Schnell mache ich Fotos, die Situation wird wahrscheinlich schnell wieder vorbei sein. Kurze Zeit später wechsel ich den Standort, damit die Sonne noch mal in Richtung der Kamera scheint.

Ich warte noch einige Zeit, doch langsam bin ich durchgefroren. Bis die Sonne über die hohen Bäume kommt, wird es noch länger dauern. So lange werde ich jedoch nicht mehr warten. Ich packe meine Kamera ein und starte den Rückweg zum Auto. Da bemerke ich, dass die Sonne an anderer Stelle nochmal durch die Bäume scheint. Ich lege den Rucksack ab, hole die Kamera nochmals hervor und mache ein paar Fotos aus der Hand. Nun aber wirklich zurück zum Auto.

Auf dem Waldweg ist die Sonne bereits angekommen und ihre Strahlen wärmen mich etwas. Auf einer Wiese grasen Kühe und genießen die Stille, bevor die vom Mensch erzeugten Geräusche wieder die Oberhand gewinnen. Ein Kalb trinkt bei seiner Mutter und im Gegenlicht ergibt das ein schönes Motiv, welches ich noch versuche einzufangen. Lange halten die beiden aber leider nicht still.

Auf dem Heimweg hole ich noch Brötchen für unser gemeinsames Familienfrühstück. Da noch alle schlafen, bleibt noch Zeit für die Übertragung der Bilder auf den Rechner und eine erste Sichtung der Ergebnisse. Mein Wochenbild für das „Weekly Pic“ Projekt habe ich damit auf jeden Fall schon mal gesichert.

Mein finales Bild

Ein Kommentar

  1. Zur rechten Zeit mit den richtigen Einstellungen an einer ‚‘bezaubernden‘ Stelle, um den Morgennebel einzufangen – und dann auch noch so schön beschrieben…❣️📷👍🏼

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